Das Murmeltier (zum Zweiten)

Weitergezwitschert …tierisch franziskanisch (7)

„Und täglich grüßt das Murmeltier“.

In diesem wunderbaren Film von 1993 wacht ein egozentrischer, zynischer Phil Connors morgens auf und durchlebt denselben Tag immer wieder neu. Er ist in einer Zeitschleife.

Dieses Bild wird gerade häufig auf aktuelle Situationen angewandt, ob Corona-Pandemie, Klimakrise oder Flüchtlinge. Jedes Jahr dieselben Probleme, derselbe Mist. Wieder nichts gelernt. Es scheint ausweglos.

Kommen wir zurück auf den Film, zu dem Wetterreporter Phil, der vom Murmeltiertag berichten soll, an dem aus dem Verhalten eines Murmeltiers auf den Frühling geschlossen wird. Wie sich zeigt, ist der Ablauf dieses sich wiederholenden Tages keineswegs festgelegt. Phil kann in das Geschehen eingreifen, nur haben die Veränderungen höchstens bis zum folgenden Morgen Bestand, dann beginnt alles wieder von vorn. Nach Ausschweifungen und Selbstmorden besinnt er sich, wird ein empathischer Wohltäter, rettet zwei Leben und verhilft vielen Menschen zu einem besseren Tag. Dabei nutzt er das Wissen, das er durch die ständige Wiederholung des einen Tages erwirbt. Schließlich endet die Zeitschleife, als sich seine Kollegin Rita in ihn verliebt.

Genau diese Möglichkeiten haben wir auch. Wir können, auch wenn wir scheinbar immer wieder vor denselben Problemen stehen, jedes Mal daraus lernen. Wir können uns alle gegen Corona impfen lassen, wir könnten den ärmeren Ländern Impfstoff in ausreichender Menge zur Verfügung stellen. Wir könnten die Menschen, die jetzt an der polnischen Grenze festsitzen, erst einmal zu uns holen. Und wir könnten uns stärker auf die Stromerzeugung aus regenerativen Quellen fokussieren.

Und wie Phil können auch wir aus unserer Schleife herauskommen: Wir können Maß­nahmen fördern, damit die Menschen in ihren Herkunftsländern bleiben. Warum muss die EU Zölle auf Waren aus Afrika erheben, warum werden Lieferungen nach Afrika von der EU subventioniert? Dadurch werden die heimischen Märkte dort zerstört. Wir können auf grünen Wasserstoff setzen. Wir können wie das Murmeltier die warme Jahreszeit stärker für unsere geselligen Zusammenkünfte nutzen und uns im Winter auf weniger Kontakte beschränken.

Für solche Beschlüsse täten uns ein, zwei Murmeltiertage gut, um gute Strategien für unsere Zukunft zu einer besseren zu entwickeln.

Gastbeitrag von Dr. Bernhard Schäpertöns
(Weihnachtsgruß 2021 der BPR Dr. Schäpertöns Consult, München)

Beitragsfoto: „Hoary Marmot“ by Stephen Downes is licensed under CC BY-NC 2.0


Unter dem Titel „Weitergezwitschert“ wollen wir im franziskanischen Sinne Mitgeschöpfe aus unserer Umwelt in den Blick nehmen und unsere Beobachtungen mit Randbemerkungen zum Weltgeschehen anreichern. Die Beiträge erscheinen auch regelmäßig im Monatsbrief.
Folgende Beiträge sind bereits in dieser Rubrik erschienen: